23.04.2020

Social Distancing

Ein neuer Begriff macht sich breit in meinem Wortschatz: Social Distancing. Zu gut Deutsch: Abstand halten. Mit Social Distancing soll der Kontakt zwischen Menschen verringert werden, um die Ansteckungsgefahr zu verringern. 1,5 m vor der Kasse beim Bäcker. Oder, gemessen in Einkaufswagenlänge, beim Discounter um die Ecke.

Auch wenn ich nicht unbedingt der emotionale und enthusiastische Mensch bin: eine Umarmung oder ein freundliches Schulterklopfen täte in diesen Tagen gut. Mir fehlt die Nähe zu Menschen. Das Gegenüber. Die Begegnung. Der Blick in die Augen und dann meine Reaktion auf die Mimik und Gestik meines Gesprächspartners.

In Zeiten von Corona heißt es Abstand halten. Und wenn ich in diesen Tagen auf einen Menschen treffe, ist die Frage sofort da: Stimmt der Abstand?

Die Bibel enthält viele Aussagen von Menschen, die sich nach Gottes Nähe sehnen. Offenbar gibt es Zeiten, in denen Menschen den Eindruck haben, dass Gott abwesend oder desinteressiert ist. Ein Bekannter sagte zu mir im Kontext von Corona: Wenn man Gott mal braucht, dann ist er nicht da.

Social distancing gilt nicht für Gott. Gottes Sehnsucht nach uns Menschen ist riesig. Obwohl er allen Grund dazu hätte auf Abstand zu gehen, sucht er unsere Nähe. Er will mir begegnen. In Jesus Christus wird er Mensch. Ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende, (Matth. 28,20) ist eine der letzten Nähe Zusagen Jesu.

Schon vor vielen Jahrhunderten haben Menschen ihre Sehnsucht nach Gott zur Sprache gebracht: Sei nicht ferne von mir, denn Angst ist nahe; denn es ist hier kein Helfer. (Ps. 22,12) Menschen suchen in ihrer Hilfslosigkeit Gottes Nähe, weil Nähe Kraft und Sicherheit gibt. Das Gefühl, nicht alleine zu sein in Krisenzeiten, ist unbezahlbar. Ein anderer Psalmbeter bringt sein Lebenserfahrung so auf den Punkt: Gott nahe zu sein, das ist mein Glück. (Ps. 73,28) Offenbar hat er die Erfahrung gemacht, dass Gott ihn nicht alleine lässt.

Alleine, aber nicht einsam. Gott betreibt kein Social Distancing. Wie Essen und Trinken ist Gottes Nähe – lebensnotwendig und ein Grund für die Freude am Leben.

Bleiben Sie gesund und behütet.

Ihr Pastor Burkhard Heupel
Emmaus-Gemeinde

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