15.09.2022

Persilschein

Als ich ein Kind war tauchten Klementine und Ariel in der Fernsehwerbung auf. Weißer Riese verbinde ich mit der endlos langen Wäscheleine – auch in der Werbung vor 50 Jahren gesehen. Als ich kürzlich das Wort Persilschein zum ersten Mal las, da stand ich auf dem Schlauch. Im Zusammenhang mit Namen von Politikern und Cum-Ex hatte ich es gelesen. Gehört hatte ich das Wort noch nie.

Dr. Klaus Schlottau vom historischen Seminar der Universität Hamburg erklärt: 1907 entwickelten Chemiker der Firma Henkel das erste selbsttätige Waschmittel mit dem Namen Persil. Seine beiden Hauptbestandteile Perborat und Silikat, die dem Produkt seinen Namen gaben, verbesserten den bis dahin sehr aufwendigen Waschvorgang erheblich. Fortan stand der Name Persil für Reinheit schlechthin. Die Redewendung jemandem einen Persilschein ausstellen entstand nach dem Zweiten Weltkrieg während der Entnazifizierungsphase. Mutmaßliche Nazi-Verbrecher, die ihre Unschuld nur mithilfe von fragwürdigen Zeugenaussagen beweisen konnten, besaßen den sogenannten Persilschein.

Ein Persilschein. Er wäscht den Belasteten rein und bescheinigt ihm die Weiße Weste. Das fiktive Dokument wirkt wie Persil auf eine dunkle Vergangenheit. Ob die Person danach auch ein reines Gewissen hat, das steht auf einem anderen Blatt.

Außer Frage steht, dass Menschen schuldig aneinander werden. Mit einer ausgesprochenen Entschuldigung kann im zwischenmenschlichen Bereich schon manches wieder ins Lot kommen. Schwieriger wird es, wenn Menschen vor dem Gesetz schuldig gesprochen werden: vielleicht sind Sozialstunden abzuleisten oder eine Haftstrafe abzusitzen.

Auch vor Gott werden und sind Menschen schuldig. Hilft da auch ein Persilschein? Wohl kaum. Mit ihm will ich im Reinen sein und möchte nicht, dass uns meine Schuld trennt. Gott sagt zu:

Selbst, wenn eure Sünden blutrot sind, sollt ihr doch schneeweiß werden. Sind sie so rot wie Purpur, will ich euch doch reinwaschen wie weiße Wolle.

(Die Bibel. Jes. 1,18)

Gott ist proaktiv und handelt: Er löst meine Schuldfrage. Jesus Christus trägt meine Schuld ans Kreuz. Damit spricht Gott mir Vergebung und einen Neuanfang zu. Im Glauben nehme ich diesen Freispruch an. Ein Persilschein ist das nicht. Viel mehr: Hier wird die Tür zur Ewigkeit geöffnet. Danke Gott, dass du mich liebst. Danke, dass dein Sohn für meine Schuld gestorben ist. Dir gehöre ich – in Zeit und Ewigkeit. Amen.

Unbelastet und frei von Schuld will ich mein Leben in der Verantwortung vor Gott leben.

Bleiben Sie gesund und behütet.

Ihr Pastor Burkhard Heupel
Emmaus-Gemeinde

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