Das Wort zum Donnerstag

Das Wort zum Donnerstag

06.03.2025

Übersehen

Von Ihrem Hotelzimmer aus kann man die ganze Bucht übersehen! So wirbt der Reiseanbieter und nutzt das Wort übersehen im positiven Sinne. Kompliziert wird es, wenn man die Folgen nicht übersehen kann. Da ist es gut, behutsam in die Planung zu gehen. Übersehen kann auch unbeabsichtigt erfolgen: Ich hatte die rote Ampel übersehen und merkte es erst, als die anderen Autofahrer hupten. Der Steinmetz hatte übersehen, dass Frau H. 2024 verstorben war und meißelte für den Geburtsjahrgang 1922 und für das Sterbejahr 1924 in den Grabstein. So wurde Frau H. nur zwei Jahre alt – anstatt 102. Übersehen.

Übersehen kann man die schönen Blumen, die Angebote im Supermarkt oder - Menschen. Beabsichtigt oder nicht – dann ist klar: Übersehen bedeutet ignorieren. Ein No-Go. Wurden Sie schon einmal übersehen?

Ich werde immer übersehen!, das kann ein innerer Glaubenssatz sein. Vielleicht kennen Menschen diese Erfahrung aus ihrer Kindheit. Manchmal werden Menschen Narzissten, um auf sich aufmerksam zu machen, ernähren sich ungesund oder gar nicht oder werden zum Klassenclown. Wer sich übersehen fühlt, spürt einen Schmerz. Sich fortlaufend Ich bin liebenswert! einzureden, ist auf Dauer keine gute Idee.

Einer, der gerne übersehen werden wollte, aber dann doch gesehen wurde, hieß Zachäus. Als Zolleintreiber für die römische Besatzung kannte ihn jeder. Obwohl er so klein war: ihn übersah niemand. Als Jesus in die Stadt kam, versteckte er sich auf einem Baum. So würde er sicherlich gewollt übersehen werden, konnte aber alles übersehen.

Jesus sieht ihn – in seinem Blätterversteck. Er ignoriert ihn nicht. Mehr noch: Jesus lädt sich bei ihm zum Kaffee ein. Und Zachäus wird nicht nur gesehen und zum Gastgeber: er ändert sich. Er erstattet den Menschen, was er ihnen zu viel abgeknöpft hatte und mehr. Hatten ihn Menschen (zu Recht?) ignoriert – Jesus nicht. Und die Begegnung mit ihm bringt die Veränderung.

Vielleicht halten Sie und ich einmal die Augen auf nach Menschen, die bewusst oder unbewusst übersehen werden – und gehen auf sie zu. Nein, wir sind nicht Jesus und die Menschen um uns herum heißen nicht Zachäus und haben eine andere Vergangenheit. Aber vielleicht kommt es trotzdem zu einer Einladung, Begegnung und Veränderung.

Bleiben Sie gesund und behütet.

Pastor Burkhard Heupel

Emmaus-Gemeinde

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